Daniela und der ESC

Für die kleine Daniela brachte der Abend des „Grand Prix Eurovison de la Chanson“ jedes Jahr einige Vorteile:

  • das Haus Sonders war angefüllt mit zahlreichen Freunden der Eltern, die auch jeder irgendwelche Süßigkeiten (Milkatafeln!) für die Kinder mitbrachten
  • es gab ein reichhaltiges Buffet mit Klassikern der deutschen und indischen Küche (Zwiebelbaguette und Pani Puris)
  • man durfte auch als Kind so lange aufbleiben, wie man konnte (was normalerweise bedeutete, dass ich irgendwann auf dem Sofa einschlief und zur Punktevergabe wieder geweckt wurde)

Ich erlebte die lässige Eleganz einer Marlene Charell genauso wie den Siegerauftritt von Nicole mit „Ein bischen Frieden“ (ein Song, der mich in späterer Pfadfinderzeit fast um den Verstand brachte – in jedem Land, dass wir besuchten, hatte eine Kindergruppe es einstudiert).

Ebenso verliebte ich mich in die hingebungsvolle Art, mit der Johnny Logan seiner Ex-Frau ein letztes „Hold me now“ entgegenhauchte, auch wenn das bedeutete, dass Katja Ebstein mit „Theater“ nur auf Platz 2 landete. Vieles davor und danach blieb im Dunkeln, denkwürdig blieb nur der Vorentscheid, in dem ein Friseur namens „Leon“ den Titel „Planet of Blue“ schmetterte und Deutschland zum ersten Mal nicht am Grand Prix (inzwischen: ESC) teilnehmen durfte. Zu Recht! Ich erinnere mich sogar daran, dass der ESC nur noch in einer Wiederholung im dritten Programm gezeigt wurde.

Mit Guildo Horn jedoch wurde alles besser. Die BILD-Schlagzeile „Darf dieser Mann für Deutschland singen?“ sorgte zwischen Vater und Tochter für einen handfesten Krach, war der „Meister“ doch schon häufiger auf der Kieler Woche der Garant für eine tolle Show gewesen. Gemeinsam mit Freunden und nicht mehr mit den Eltern wurde der ESC 1998 in Birmingham gefeiert und läutete eine neue Ära ein. Seitdem habe ich keinen ESC verpasst.

Was mich an dieser Veranstaltung reizt? Nicht die Musik, das kann ich ehrlich gestehen. Es ist eher der europäische Gedanke, gemeinsam mit einer so hohen Anzahl von Menschen einen großen Komponisten- und Sängerwettstreit zu feiern. Ich möchte jetzt nicht in die große „Wer singt, der lasse sich ruhig nieder..“-Kiste greifen, dafür gibt es auch bei der EBU noch genügend Baustellen, wenn auch nicht ganz FIFA-like. Doch die Grundidee, dass viele Künstler aus vielen nicht nur europäischen Ländern eine Woche gemeinsam Zeit verbringen, musizieren und feiern, um uns in Halb- und Finalveranstaltungen zu erfreuen, gefällt mir.

Was niemals fehlen darf? Freunde, gutes Essen, die Kommentare von Peter Urban und natürlich Twitter. Ihr ahnt gar nicht, wieviel mehr Spaß eine Veranstaltung macht, wenn sie in kurzen, pointierten Beiträgen kommentiert wird. Der vor allem in Deutschland übliche Hashtag #esc sollte also im kommenden Jahr am 10., 12. & 14. Mai 2016 dringend gemutet werden. 🙂